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Monday, June 21, 2021

Hubble: Uralttechnik ohne Ersatz versagt im Orbit - Golem.de - Golem.de

Das Hubble-Teleskop ist außer Betrieb. Die Speicherbänke aus den 1980er Jahren lassen sich nicht mit der CPU von 1974 ansprechen, die auf einer Platine zusammengelötet wurde.

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Aufnahmen vom Start des Hubble-Teleskops 1990 mit dem Spaceshuttle Discovery.
Aufnahmen vom Start des Hubble-Teleskops 1990 mit dem Spaceshuttle Discovery. (Bild: Nasa)

Das Weltraumteleskop Hubble ist außer Betrieb. Seit einer Woche versuchen Techniker, einen der beiden Payload-Computer wieder zum Laufen zu bringen, nachdem die zuletzt genutzte Speicherbank ausgefallen ist.

Der Flugcomputer funktioniert noch immer problemlos. Das Weltraumteleskop ist also steuerbar und befindet sich also in einer sicheren Lage. Aber die Instrumente des eigentlichen Teleskops, die ihrerseits mit eigenen Computern ausgestattet sind, können nicht angesprochen werden.

Die Payload-Computer sind echte Museumsstücke. Es handelt sich um 18-Bit (in Worten: Achtzehn Bit) NASA Standard Spacecraft Computer-1 (NSSC-1), die im Jahr 1974 als Nachfolger des Bordcomputers des Orbiting Astronomical Observatory C (OAO-C) aus dem Jahr 1972 entworfen wurden. Die CPUs bestehen nicht aus einem Chip, sondern aus Platinen mit insgesamt je 1.700 integrierten Schaltkreisen.

Die CPUs können auf vier Speicherbänke mit einer Kapazität von 64 Kiloword zugreifen, mit 18 Bit pro Word also 1.179.648 Bit. An Bord von Hubble befindet sich dabei nicht mehr der ursprüngliche NSSC-1, sondern ein Ersatzcomputer. Dieser wurde in den 1980er Jahren gebaut und 2001 bei einer Servicemission eingebaut. Er verwendet CMOS-Speicher als RAM.

CMOS-Ersatz für Magnetkernspeicher war unzuverlässig

Ursprünglich bestand der Speicher des Computers von Hubble aus Magnetkernspeicherbänken. Es handelte sich um einen nicht-volatilen Arbeitsspeicher, der seinen Inhalt auch ohne Strom behält - ein wichtiger Faktor wegen des hohen Stromverbrauchs der Elektronik der 1970er Jahre. Der Speicher war auch weniger fehleranfällig.

Bei der letzten Servicemission im Jahr 2009 musste einer der 2001 ersetzten Computer zur Datenkonvertierung wegen Fehlern im CMOS-Speicher ausgetauscht werden. Ob der nun aufgetretene Fehler von der Nasa noch behoben oder umgangen werden kann, ist ungewiss.

Eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der Magnetspeichertechnologie spielte übrigens der spätere Nobelpreisträger John Goodenough. Die Erfahrung aus der Entwicklung keramischer Magnetkerne erlaubte ihm, zehn Jahre lang Grundlagenforschung zu den elektrischen und magnetischen Eigenschaften von Keramik mit einer eigenen Forschungsgruppe durchzuführen.

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Das führte schließlich zum Auftrag, bessere keramische Separatoren für die 1966 erstmals von Ford vorgestellten Natrium-Schwefel-Akkus zu entwickeln. Diese Akkus auf Natrium-Basis führten zur Inspiration, Lithium-Ionen-Akkus zu entwickeln und 1981 schließlich zur nobelpreiswürdigen Entdeckung der Lithium-Kobaltoxid-Kathode.

Im Hubble Space Telescope arbeiten die letzten in Betrieb befindlichen NSSC-1-Computer und die Nasa bemüht sich, wenigstens eine der vier Speicherbänke wieder ansprechen zu können. Aus- und wieder Einschalten hat nicht den erhofften Erfolg gebracht, genauso wenig die Befehle zum Wechsel der Speicherbänke oder der CPUs.

Sollte Hubble endgültig ausfallen, gibt es keinen Ersatz für das Teleskop. Das 10 Milliarden US-Dollar teure James Webb Space Telescope (JWST) wird zwar als Nachfolger bezeichnet, ist aber ein völlig anderes Instrument. Es soll Ende 2021 starten, sobald zuletzt aufgetretene Probleme mit der Abtrennung der Nutzlastverkleidung der Ariane 5 aus dem Weg geräumt sind.

Das JWST wurde für Beobachtungen im nahen und mittleren Infrarotbereich optimiert, während Hubble hauptsächlich UV- und visuell sichtbares Licht beobachtet. Wie schon der mit Gold beschichtete Spiegel von JWST andeutet, sind es sehr unterschiedliche Teleskope. Am ehesten kann das für 2024 geplante chinesische Weltraumteleskop Xuntian mit 2 m Spiegeldurchmesser als Hubble-Nachfolger gelten.

Xuntian ist zwar für Himmelsdurchmusterung optimiert, durch die sechs modularen Instrumentenplattformen gibt es aber auch Möglichkeiten für andere Beobachtungen. Das Teleskop soll im gleichen Orbit wie die chinesische Raumstation fliegen. Sie kann sich dem Teleskop zu Wartungsarbeiten und zum Austausch der Instrumente nähern und es einfangen, ohne dafür ein eigenes Raumschiff starten zu müssen.

Spionage und Missmanagement

Hubble basiert auf der KH-11-Kennan-Serie von Spionagesatelliten, von denen seit 1976 zwanzig Stück gebaut wurden. Diese Herkunft ist auch der Grund für den nur 2,4 m großen Hauptspiegel, obwohl ursprünglich ein 3 m großer Spiegel für das Teleskop vorgesehen war.

Das chinesische Teleskop Xuntian erinnert mit seinem 2-m-Spiegel sehr an diese Bauweise und kann deshalb als Demonstration der Fähigkeiten chinesischer Spionagesatelliten gelten.

Der Bau von Weltraumteleskopen ist historisch von hohen Kosten und Missmanagement geprägt. Das James Webb Telescope sollte ursprünglich 500 Millionen US-Dollar kosten, das Budget stieg auf 10 Milliarden US-Dollar. Die Kosten von Hubble werden ebenso auf rund 10 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Die Gründe sind ähnlich: Verzögerungen in der Entwicklung, Verzögerungen beim Start, leicht vermeidbare Fehler in der Herstellung der Spiegel und die teure Wartung mit vier Spaceshuttle-Missonen.

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Obwohl die Beobachtungszeit mit Weltraumteleskopen immer knapp ist und sich immer wieder gezeigt hat, dass es nur einen Bruchteil der Kosten verursacht, erfolgreiche Missionen zeitnah zu kopieren, wurden alle Weltraumteleskope bislang nur als Einzelstücke angefertigt.

Kopien sind günstiger als Einzelexemplare

Die Kosteneinsparungen entstehen durch die wegfallenden Entwicklungskosten und Lerneffekte beim Bau des ersten Exemplars. Ersatzteile für alle Bestandteile einer Weltraummission werden ohnehin angefertigt, meistens existiert zur Fehlerdiagnostik auch eine vollständige Kopie am Boden. Die Kopien können dabei mit wissenschaftlichen Instrumenten und Veränderungen in der Struktur an andere Aufgaben angepasst werden.

Die Esa demonstrierte den Effekt eindrucksvoll mit der 1 Milliarde Euro teuren Raumsonde Rosetta. Aus ihr entstanden mit Mars Express und Venus Express zwei modifizierte Kopien für 150 Millionen und 85 Millionen Euro. Venus Express musste vor der Mission für die viel größere Sonneneinstrahlung im Venusorbit speziell angepasst werden.

Aber auch die Nasa hat viele Missionen zu geringen Mehrkosten paarweise gestartet, wie etwa Pioneer 10 und 11, Viking 1 und 2, Voyager 1 und 2, die Marsrover Spirit und Opportunity sowie viele Mondmissionen.

Der Autor meint dazu: Die Tatsache, dass im Jahr 2021 das einzige Weltraumteleskop seiner Art mit einer CPU betrieben wird, die mit Technik der 1970er Jahre auf einer Platine aus einzelnen ICs zusammengelötetet wurde, ist längst kein Grund mehr für Stolz auf die alte Technik.

Es ist ein Zeichen dafür, wie wenig Bedeutung der Funktion des Weltraumobservatoriums als Instrument für die Wissenschaft tatsächlich beigemessen wurde. Sonst wäre es vor Jahrzehnten durch modernere Technik ersetzt worden. Das Gleiche gilt auch für das durch Vernachlässigung kollabierte Radioteleskop Arecibo.

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