Vor der Keynote des Apple-Chefs Tim Cook zum Auftakt der Entwicklerkonferenz am Montag überschlugen sich die Spekulationen so sehr, dass am Ende alle vor allem auf eines warteten: Was sagt der iPhone-Konzern zu seinen Plänen, eine Brille für die Virtual oder Augmented Reality zu bauen? Und damit das möglicherweise nächste große Ding nach dem iPhone. Die Antwort am Montag war knapp: gar nichts.
Dafür präsentierte Apple jede Menge neue Funktionen, die in die kommenden Versionen der Software für die iPhones, iPads, Macs und Watches kommen werden. Zudem enthüllte der Konzern seine neue Generation des hauseigenen Computerprozessors M2, der das nächste MacBook Pro und MacBook Air antreiben soll.
Auch wenn es auf Apples jährlicher Entwicklerkonferenz WWDC (Worldwide Developers Conference) traditionell vor allem um Software geht, so gibt es immer wieder Hinweise, welche Reise der Konzern einschlagen will. Zuletzt häuften sich Berichte, dass Apple intensiv an einer Art VR-Brille arbeitet.
Für ein solches Gerät bräuchte das Unternehmen jedoch jede Menge Anwendungen, die wiederum von Entwicklern erstellt werden. Nun hat Apple die Chance verstreichen lassen, die Programmierer auf ihrem größten Treffen auf die Spur zu setzen, was eher dafür spricht, dass der Konzern mit seiner Brille möglicherweise doch noch nicht so weit ist.
Trotzdem hatte das Unternehmen jede Menge Neuigkeiten zu verkünden. Insbesondere neue Funktionen für die iPhones treffen auf großes Interesse. Weltweit gibt es mehr als eine Milliarde iPhone-Nutzer, die meisten von ihnen installieren das jährliche Software-Update, das im Herbst kommt. Die nächste Version heißt iOS 16.
Widgets auf dem Sperrbildschirm
Am auffälligsten dürfte der neue Sperrbildschirm sein, der seinen Platz bislang größtenteils verschenkt. Nutzer finden dort nur die Uhrzeit, das Datum und einlaufende Benachrichtigungen wie beispielsweise WhatsApp-Nachrichten.
Künftig lässt sich der Sperrbildschirm stärker personalisieren. Das betrifft zum einen die Schrift und Farbe, zum anderen aber auch Widgets, wie man sie von Android-Smartphones bereits kennt.
Dann können dort anstehende Termine, das Wetter mit Animation, ein Wecker, Zeitzonen, der Batterieladestand oder die Aktivitätsringe angezeigt werden, die Nutzer von ihrer Apple Watch kennen. Später sollen hier auch Live-Aktivitäten folgen, beispielsweise der aktuelle Spielstand bei einem Fußballspiel oder der aktuelle Status einer Essenslieferung.
Nutzer können künftig mehrere Sperrbildschirme mit unterschiedlichen Widgets einrichten und sie mit einem Fokus-Modus versehen, sodass in speziellen Situationen – beispielsweise im Büro oder nach Feierabend – nur bestimmte Benachrichtigungen und Anrufer angezeigt werden.
Berichten zufolge will Apple mit dem iPhone 14, das voraussichtlich im September präsentiert wird, ein Always on-Display einführen, bei dem dann permanent Informationen auf dem Display dargestellt werden. Ein solches Display hat heute schon die Apple Watch, aber auch Konkurrenten wie Samsung oder Google haben die Funktion auf ihren Smartphones bereits länger verfügbar.
Nachrichten zurückholen
Mit seiner Nachrichten-App steht Apple in direkter Konkurrenz zu WhatsApp. In der Funktionsvielfalt ist Apple hier zurückgefallen. Mit iOS 16 soll sich das etwas ändern. Nutzer können künftig – wie es bereits bei WhatsApp möglich ist – ihre gesendeten Nachrichten zurückholen. Zudem können bereits gesendete Nachrichten bearbeitet werden, was bei einer verunglückten Autokorrektur sehr hilfreich sein kann.
Bereits gelesene Nachrichten können wieder als ungelesen markiert werden. SharePlay, also das gemeinsame Sehen von Filmen oder Hören von Musik, funktioniert künftig auch in der Nachrichten-App. Bisher war das nur über den Video-Call Facetime möglich.
Apple weitet außerdem die Funktionen seines Wallets aus, allerdings vor allem erst einmal in den USA. Dort können Nutzer, die mit Apple Pay bezahlen, ihre Zahlungen ohne Zusatzkosten auf vier Rückzahlraten innerhalb von sechs Wochen verteilen.
Ob und wann die Funktion „Später mit Apple Pay bezahlen“ nach Deutschland kommt, hat der Konzern nicht bekannt gegeben.
Matter-Standard ist eingebaut
Mit einer neuen iOS-Version führt Apple meist auch Neuerungen in den hauseigenen Anwendungen ein, die zum Teil auch ein neues Design bekommen. Das gilt mit iOS 16 auch für die Home-App, die künftig den neuen Smart-Home-Standard Matter unterstützt, auf den sich viele auch große Hersteller geeinigt haben. Damit können künftig zahlreiche vernetzte Produkte plattformübergreifend zusammenarbeiten.
Die Health-App wird durch eine Medikamenten-Verwaltung ergänzt, mit der Anwender eine Medikamentenliste erstellen und Zeitpläne für Erinnerungen zur Einnahme einrichten können.
Zudem vereinfacht Apple es, Kindersicherungen auf dem iPhone zu erstellen und erteilte Berechtigungen für einen fremden Zugriff wie beispielsweise die Standortfreigabe wieder zurückzunehmen.
iPad wird zum Notebook
Viele der neuen iOS-Funktionen finden sich auch im nächsten iPad OS 16 wieder. Auf dem iPad führt Apple zunehmend Funktionen ein, die es nach und nach zu einem Notebook-Ersatz machen. Das Software-Update im Herbst macht nun einen großen Schritt in diese Richtung, weil nun das Arbeiten mit mehreren App-Fenstern flexibel gestaltet wird, zumindest auf den neueren iPads mit dem haueigenen M1-Chip.
Die neue Fensterverwaltung heißt Stage Manager. Das Fenster, an dem gerade gearbeitet wird, erscheint groß im Display, andere geöffnete App-Fenster sind klein auf der linken Seite etwas nach hinten weggeklappt dargestellt. Hier können auch bis zu vier Apps gruppiert werden.
Wird ein externes Display an das iPad angeschlossen, ist sogar die gleichzeitige Darstellung von acht App-Fenstern möglich, vier auf jedem Display. Die Fenster können größer und kleiner gezogen und auch übereinander gestapelt werden. Damit ähnelt das Arbeiten auf dem iPad noch mehr dem Umgang mit dem normalen Computer.
Mit dem neuen iPad OS kommt auch die Wetter-App von Apple auf das Gerät und nutzt dafür das große Display aus. Über die Teilen-Funktion können außerdem Nutzer künftig direkt aus den Anwendungen Keynote, Numbers, Pages, Files, Notes, Reminders und Safari andere Nutzer über die Nachrichten-App zur Kollaboration auffordern.
Änderungen an den Dokumenten sehen dann alle Nutzer zugleich. Bisher wurde über die Teilen-Funktion lediglich eine Kopie gesendet. Im Laufe des Jahres führt Apple für das iPad mit Freeform eine neue App ein, die eine Art Whiteboard ist, an dem mehrere Nutzer zugleich arbeiten können.
iPhone wird zur Webcam
Neben seinen zwei neuen MacBooks hat Apple auch einen Ausblick auf das neue Mac-Betriebssystem gegeben, das den Namen Ventura bekommen hat. Auch hier findet sich die neue Fensterverwaltung Stage Manager wieder, die die bisherige Übersichtsfunktion unter dem Namen Mission Control ergänzt. Außerdem hat Apple die Suchfunktion Spotlight verbessert.
Eine kleine Überraschung ist Apple beim Zusammenspiel des Macs mit dem iPhone gelungen, das künftig mit einer Halterung über dem Display befestigt werden und dann mit seinen Rückkameras als drahtlose Webcam genutzt werden kann. Das erhöht die Qualität bei Videokonferenzen enorm, auch wenn die meisten Anwendungen nicht die volle Auflösung der Rückkameras übertragen können.
Im Zusammenspiel mit der Ultraweitwinkelkamera des iPhones ist so auch eine parallele Schreibtischansicht möglich, bei der eine Draufsicht auf den Schreibtisch simuliert wird, als gäbe es eine Overhead-Kamera. Das dürfte jedoch nur für sehr spezielle Situationen hilfreich sein, beispielsweise bei der Erstellung eines Heimwerkervideos. Profis würden hier wohl eher eine richtige Kamera einsetzen.
Facetime-Videoanrufe können in Ventura künftig während des Gesprächs an andere Apple-Geräte übergeben werden. Wer eine solche Videokonferenz auf dem iPhone verfolgt, hält es einfach in die Nähe seines MacBooks, bis dort eine Meldung zur Übergabe erscheint, die dann angeklickt werden muss.
Die Neuerungen für die nächste WatchOS-Version halten sich in Grenzen. Wie üblich gibt es einige neue Zifferblätter, einige zusätzliche Messdaten in der Fitness-App und das Erkennen der Schlafphasen, was bisher nicht möglich war. Die meisten Nutzer laden jedoch nachts ihre Apple Watch auf und verzichten auf das Vermessen des eigenen Schlafes.
„Alles auf Aktien“ ist der tägliche Börsen-Shot aus der WELT-Wirtschaftsredaktion. Jeden Morgen ab 7 Uhr mit den Finanzjournalisten von WELT. Für Börsen-Kenner und Einsteiger. Abonnieren Sie den Podcast bei Spotify, Apple Podcast, Amazon Music und Deezer. Oder direkt per RSS-Feed.
Apple: Das sind die neuen Funktionen für iPhone, iPad, Mac und Watch - WELT - WELT
Read More
No comments:
Post a Comment